Presse: Tageszeitung 2003

Tageszeitung, Nr. 253, Sa/So 13./14.12.2003
Interview: Christine Losso

Fruchtbarer Nährboden für die Wildererei

Der Prader Horst Eberhöfer stellt heute im Naturparkhaus Aqua Prad in Prad sein Buch „Der Wilderer im Nationalpark“ vor. Darin kritisiert er vor allem, dass die Jäger in den Gemeinden Stilfs, Prad, Glurns und Martell keine Jagdmöglichkeit haben und beinahe zur Wildererei gezwungen werden. Ein Gespräch.

Tageszeitung
Herr Eberhöfer, Sie haben das Buch „Der Wilderer im Nationalpark“ geschrieben. Was hat sie dazu bewogen?
Horst Eberhöfer
Die Möglichkeit einer normalen Jagd hat mich von der Wildererei weggebracht. Ich habe heute die Möglichkeit meine Jagdleidenschaft legal, so wie tausende Jäger im Alpenraum auszuleben. Und ich genieße diese Jagd.
Aber genaue das fehlt den Jägern im Nationalpark, in erster Linie den Jägern in den Gemeinden Stilfs, Prad Glurns und Martell, die ja überhaupt keine Jagdmöglichkeit haben. Jeder Jagdbegeisterte in diesen Gemeinden wird ja regelrecht zur Wildererei gezwungen.
Ein totales Jagdverbot ist der fruchtbarste Nährboden für die Wildererei. Diese Problematik zieht sich wie ein roter Faden durch mein Buch. Kann man es in der heutigen Zeit überhaupt noch verantworten, dass durch eine kopflose Verordnung junge natur- und jagdbegeisterte Menschen zu Gesetzesbrechern werden? Dies muss einmal klar und deutlich aufgeworfen werden, und es wäre höchste Zeit, dass zuständige Personen im Lande darauf endlich einmal eine klare und konkrete Antwort geben.
Neben den kleinen und größeren Geschichten ist dies der Leitgedanke in meinem Buch. Ich möchte mit diesem Buch alle Bevölkerungsschichten für das Problem der des Jagdverbotes im Nationalpark hellhörig machen, damit nicht nur in Jägerkreisen nachgedacht wird.
Tageszeitung
Glauben Sie, dass von politischer Seite genug getan wird, um das Problem der Jagd zur Zufriedenheit aller zu lösen?
Horst Eberhöfer

Ich möchte mich nicht wiederholen und das, was ich diesbezüglich in meinem Buch angeführt habe, nochmals wörtlich wiedergeben. Man sollte vielleicht näher hinschauen, wie man in anderen Ländern in ähnlichen oder gleichen Situationen von politischer Seite reagiert und gehandelt hat.
Ich zitiere diesbezüglich den Landeshauptmann von Salzburg –selbst ein passionierter Jäger- Dr. Franz Schausberger (Nationalpark Hohe Tauern):

„Da gibt es von mir eine ganz klare Aussage, die immer gelautet hat: Keine internationale Anerkennung unter den derzeit geltenden Kriterien. Das heißt, wir bemühen uns, dass es für die internationale Anerkennung Kriterien geben soll, die für unseren mitteleuropäischen Bereich gelten und nicht solche, die für die großen Nationalparks in Amerika gelten, die ja im Wesentlichen unbewohnt sind. Aber bei uns, wo die Nationalparks in so enger Verbindung mit den Menschen stehen, da müssen neue Kriterien geschaffen werden. Und solange es die nicht gibt, gibt es für mich keine internationale Anerkennung. Und ich glaube, dass wir gemeinsam mit der Jägerschaft mit unserem Nationalpark bisher gut gefahren sind. Also keine internationale Anerkennung, und weitere Schritte nur im Einvernehmen mit der Jägerschaft und den Grundbesitzern. Dafür stehe ich!“

Klare Positionen beziehen auch Kärntens Landesjägermeister Dieter Senitza und sein Stellvertreter Herr Mattanovich. Letzterer ließ bei einer Tagung der Nationalparkakademie Hohe Tauern in Mallnitz keinen Zweifel am grundsätzlichen Bekenntnis zur Nationalparkidee, andererseits aber auch am Beharren des Nationalparkgesetzes, das die Jagd im Sinne des Jagdgesetzes auch im Nationalpark unangetastet lässt.
Glückliche Jäger, die solche Landeshauptmänner und Landesjägermeister haben.

Tageszeitung Und in Südtirol?
Horst Eberhöfer
Wenn man das hört, dann kommen bei uns hier sicher Zweifel oder besser gesagt berechtigte Bedenken auf, ob diesbezüglich von politischer Seite wirklich genug oder überhaupt etwas getan wird? Tatsache ist, dass die Jägerschaft im Nationalpark Stilfserjoch bereits im Februar 1999 in einem Schreiben unseren Landesjägermeister Klaus Stocker zu einem Treffen für eine Besprechung der trostlosen Situation der Jäger im Nationalpark Stilfserjoch gebeten haben. Bisher kam es dazu nicht! Die Jäger wandten sich nach vergeblichem Warten ein Jahr später, im März 2000, an den Landeshauptmann Dr. Luis Durnwalder. Sie ließen ihm in einem ausführlichen Schreiben Überlegungen und Vorschläge zur Neuzonierung des Nationalparks Stilfserjoch aus der Sicht der Jäger zukommen, und baten ihn gleichzeitig höflichst um die Möglichkeit einer Aussprache zu diesem für die Jäger so wichtigen Thema.
Heute –fast vier Jahre später- warten sie immer noch auf eine Antwort! Man reagiert nicht, man beachtet sie einfach nicht und somit ist das Problem für die zuständigen Herren gelöst!
Ich glaube wenn man solche Tatsachen betrachtet, muss man wohl oder übel sagen: Es passiert nichts!
Tageszeitung
In Ihrem Buch kritisieren Sie vor allem die derzeitige Form der Wildentnahme im Nationalpark Stilfserjoch. Was stellen Sie sich unter einer behutsamen Wildentnahme vor?
Horst Eberhöfer
Die derzeitige Form der Wildentnahme ist für mich keine behutsame. Eine behutsame Wildentnahme ist für mich, wenn die Jäger alleine in der altgewohnten, heute alpenweit üblichen und bewährten Form Wild „selektionieren“, ohne Begleitpersonal und auf einen längeren Zeitraum verteilt. Richtig „selektioniert“ würde mir auch der Ausdruck „Selecontrollori“ auch besser gefallen!
Dies wäre sicher ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung! Und auf diese Weise würde gleichzeitig auch die Wildererei größtenteils verschwinden, weil gerade durch die Präsenz der Jäger die beste Aufsicht gewährleistet wird. Und hinzu käme, dass die Aufseher ihrer eigentlichen Arbeit –der Aufsicht- nachgehen könnten.
Tageszeitung
Ihr Buch wird heute um 17:00 im Nationalparkhaus Aqua Prad in Prad vorgestellt. Was wünschen Sie sich für die Präsentation?
Horst Eberhöfer
Ich wünsche mir ein zahlreiches Publikum aus den verschiedensten Bevölkerungsschichten, wünsche mir natürlich auch, dass zuständige Personen der Politik und Nationalparkverwaltung anwesend sein werden, damit es zu einer lebendigen und vor allem fruchtbrigenden Diskussion kommen kann.